Collection: Marie Hansen Taylor Correspondence
Author: Marie Hansen (Taylor)
Recipient: Lina Braun (Hansen)
Description: Letter from Marie Taylor to Lina Hansen, October 27, 1874.
Original text
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Cedarcroft, Oct. 27. 1874
Meine liebste Mutter!
Nachdem ich schon eine Woche lang mit großer Ungeduld auf Nachricht von Dir gehofft hatte, kam endlich vor einigen Tagen Dein lieber Brief vom 6. d. Mts.* an u. nahm mir eine Last vom Herzen. Du sagst nicht viel über Deine Gesundheit, aber was Du sonst erzählst giebt mir die frohe Gewißheit, daß Du Dich wieder besser u. kräftiger fühlst. Eine große Beruhigung ist es mir auch, daß die Euch so widerwärtige Person aus dem Hause ist. Möchte nur das neue Frl. ihre Stelle besser u. wünschenswerth ausfüllen. Ich war recht froh zu hören, daß die gute Tante wirklich den gehegten Plan, Dich mit Fritz u. Emmy zu besuchen, ausgeführt hatte u. ich hoffe sie wiederholt den Besuch im Frühjahr. Es muß Dir trotz der Unruhe, die nicht davon zu trennen ist, doch eine große Freude gewesen sein. Ich kann mir recht denken wie die Kinder sich gegenseitig an ihrer Gesellschaft erfreut haben. - Wir sind jetzt mitten im Einpacken. Ich habe alle Einrichtungen zum Aufbruch am 3. Nov. getroffen. Der Schreiner im Dorf packt mir die Möbeln; Porzellan, Glas etc. haben Ida u. ich bereits eingepackt. Ida ist eine vortreffliche Hülfe dabei; es kommt mir zu statten, daß solche Arbeit ihr
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sehr zusagt. Ich habe auch schon einen Eisenbahnwagen bestellt, der uns die Sachen bis hin transportirt. Ich habe bei Deinem Umzug etwas gelernt, was ich mir nun zu nutzen machen kann. ich finde, daß ich genug Möbeln habe um meine Zimmer vorläufig zu möbliren; nur hie u. da bleibt ein Stück anzuschaffen; aber vielerlei muß reparirt werden. Du kannst Dir vorstellen, daß ich alle Hände voll zu thun habe u. eigentlich nicht weiß wo zuerst anfangen. Ich freue mich aber sehr wieder ein eigenes Daheim einzurichten u. besonders da ich alles auf einem Flur haben kann. Freilich werden wir auf der andern Seite uns sehr im Raum einschränken müssen. Bayard war Sonnabend u. Sonntag hier u. ging gestern (Montag) wieder für die ganze Woche fort. Seine Vorlesung über das alte Egypten wird überall höchst beifällig aufgenommen. In New-York sprach er vorige Woche im Opernhaus u. hatte 2 - 3,000 Zuhörer. Er hat sich recht über Deinen Brief gefreut u. mir viele herzliche Grüße aufgetragen. Vorige Woche schickte ich eine Zeitung mit der Schilderung des Bewillkommnungsfestes in Hockassin an Hans u. legte auch ein Blatt an Emma bei. Du bist wohl so gut u. schickst es ihr.
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Ich möchte Dich so mancherlei fragen, die Zeit aber drängt heute. Nur das möchte ich gern bald wissen: - ist der Nekrolog, den Scheibner zu schreiben versprach, erschienen - u. willst Du ihn mir in dem Fall schicken?
Lilian erlebt eine sehr schöne Zeit hier u. ist so frisch wie ein Fisch im Wasser. Sie freut sich jedoch sehr auf die Schule u. wieder etwas zu lernen. Sie hat ziemlich weit zur Schule zu gehen - 34 Häuser - Quarrées - so daß sie Motion genug haben wird.
Die ganze Familie befindet sich wohl. Annie hat es aber schwer. Vorige Woche ist sie tagelang umher gefahren um Dienstboten aufzutreiben, ohne daß es ihr gelungen wäre. Sie hat zwar jetzt welche im Hause, aber sie sind nichtsnutzig u. unverschämt in ihren Ansprüchen. Ida kann sich nicht genug über die amerik. Dienstboten kreuzen u. segnen - sie meint das ginge doch über alles, was sie je gesehen habe. Du verzeihst wohl, liebe Mutter, daß ich heute so eilig u. kurz schreibe - es wartet gar zu viel Nöthiges auf mich. Lilian u. überhaupt Alle hier grüßen Dich freundlichst. Auch Ida bittet daß ich von ihr Grüße bestelle. Viele Grüße an Hans u. die Kinder von Deiner Dich innig liebenden T. Marie.
*Footnote, page 1: d. Mts. = dieses Monats.
Letter metadata