Collection: Eugen and Emma Klee Letters
Author: Magdalena Bitz (Cherdron)
Recipient: Eugen Klee
Description: Letter from Magdalena (“Lenchen”) Cherdron to Eugen Klee, November 24, 1922. “Lenchen” Cherdron was the first cousin of Eugen Klee.
Original text
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Otterberg den 24.ten November 1922
Lieber Kusine Emma & Eugen!
Eure liebe Gratulation zu meinen Ge- burtstage kam gerade am Morgen das vierzehnten November in meinen Besitz, und danke ich Euch herzlich für die guten Wünsche und das schöne Geschenk. Ebenso soll ich in Mathildchens Namen bestens danken, da es ihr bei den vielen Arbeit und großen Sorgen am Zeit gebricht. Zu gleicher Zeit wollen wir Dir lieber Eugen zu deinem bevorstehenden Geburts- Tage die besten Wünsche entbieten, und die Gesundheit als hochstes Gut schätzen. Wir haben ein schicksalsschweres Jahr durch-
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lebt & durch den Tod meines lieben Enkelkindes, sind wir alle aus dem seelischen Gleichgewicht gekommen. Noch weitere Schrecken blieben uns nicht erspart, denn Heinrich fiel vor einiger Zeit, Stockwerkhoch von einer Dreschmachine und hat sich schwer ver letzt.. Hat eine Rippe gebrochen, ein Zahn eingefallen, beide Kniee schwer verletzt, überhaupt den ganzen Körper so erschüttert, daß er nach Aussage des Arztes, lange damit zu tun haben wird, denn er leidet große Schmerzen. Wir kommen aus den Sorgen nicht mehr heraus, zumal diese Theuerung und sonstigen fürchterlichen Verhältnisse unseres Wirthschaftslebens schwer und
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lähmend auf uns lasten. Nur die Menschen welche in Saargebiete arbeiten und in der Mache ihre 50,000 Mark verdienen, können mit den jetzt herrschenden Verhältnissen, Schritthalten. An allerheiligen war ich auf den Fried hof um die Gräber unserer Lieben zu besuchen. Die Gräber deiner lieben Mutter und Schwester waren schön in Ordnung, auch die ihnen, von Euch gewidmeten Kränze haben sich gut gehalten. Morgen wird unsere nächste Nachbarin Frl Luise [?] Keuel [/?] beerdigt, ein ganzes Jahr mußte die Ärmste leiden. Auch sie hat ein Leben mit viel Sorgen und Enttäuschungen gehabt, was wohl den wenigsten Menschen erspart ist.
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Eben schlägt es zehn Uhr, und mein Zimmerchen ist kalt, wir haben schon Schnee und heute sogar gefährliches Glatteis, was mancherlei Unglück für Menschen und Thiere brachte. Wir hatten Überhaupt einen solch naßkalten Herbst, daß man nun mit der größten Aufopferung und Mühe die Kartoffel ernten konnten, de auch muß man die härteste Arbeit selbst verrichten, denn die Industrie bezahlt so reichlich, daß man niemand mehr für Landwirthschaftlichte Arbeiter bekommt. Die Verhältnisse haben sich ganz verschoben. Die Familien, welche früher in geordneten Verhältnissen lebten müssen jetzt förmlich darben. Die früher untersten Klassen führen jetzt eine Wohlleben und Luxus der nicht zu beschreiben ist. Alles ist durch den langen fürchterlichen Krieg ganz aus dem Geleise gebracht. O bis wann wird es wieder normale Zustände geben?
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Und nun meine Lieben lebt recht Wohl und seid herzlichst gegrüßt von eurer treuen Kusine Lenchen Cherdron
Letter metadata